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WorkNew@leibniz
    Glossar

    Full-Remote-Work EU-Ausland

    • Illustration

      Vincent Brod

    Dauerhaft im europäischen Ausland arbeiten: Insbesondere Mitarbeitende mit ausländischen Wurzeln wünschen sich diese Form des Homeoffice. Aktuell gibt es jedoch rechtliche Hürden, die dies erschweren.

    Hier geht es um eine individuelle, von Mitarbeitenden selbst induzierte dauerhafte Flexibilisierung des Ortes, sofern es die Tätigkeit zulässt. Es wird davon ausgegangen, dass der Mitarbeitende (fast) ausschließlich von zu Hause aus für einen in einem anderen EU-Mitgliedstaat/EWR-Staat oder der Schweiz ansässigen Arbeitgeber arbeitet. Im Prinzip geht es um das “Full Remote Work”, aber eben von einem anderen EU-Land aus. Die individuelle Motivation dazu unterscheidet diese Form auch von der klassischen Entsendung, die normalerweise im Auftrag und im Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Bisher lässt die aktuelle Rechtslage das nicht zu.

    Erkenntnisinteressen:

    • Wie erfolgt die Beantragung, und welche sozial-, krankenversicherungs- sowie lohnsteuerrechtlichen Regelungen sind zu beachten?

    • Wie wirkt sich diese extreme Form der Flexibilisierung auf das Teamgefüge aus? Gibt es eine natürliche Grenze oder sind 365 Remote-Tage im Ausland möglich?

    • Welche Aufgaben können Mitarbeitenden übertragen werden, die nicht kurzfristig am Firmenstandort erscheinen können?

    • Wie wird sichergestellt, dass die heimischen Arbeitsplätze ergonomischen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen entsprechen?

    • Wie beeinflusst diese Arbeitsform Motivation und Zufriedenheit? Kommt es zu einem Gewöhnungseffekt oder einem Rückgang nach anfänglichem Enthusiasmus?

    • Anforderungen an die Umsetzbarkeit und die administrativen Kapazitäten

    Welche Grenzen sind bisher bekannt?

    Technische Grenzen
    • IT-Sicherheit im Ausland
    • Funktionsfähige Datenverbindung
    • Roaming außerhalb der EU
    • Datensicherheitsbeschränkungen
    Prozessuale Grenzen
    • Kosten für Daten- und Telefonverkehr
    • Zensur im Ausland
    • Ausgabe, Wartung, Support entsprechender Arbeitsmittel (Laptop, Headset)
    • Notfallverfahren / faktisch Wegfall kurzfristiger Präsenzmöglichkeiten im Office
    • Unter welchen Bedingungen greift eine mögliche Rückkehrpflicht?
    Führungs- und teambezogene Grenzen
    • Wirkungen auf den Zusammenhalt im engeren Arbeitsbereich, “Ungleichbehandlung” von Personen im Sinne besonderer Vorteile / Rücksichtnahmen
    • Eingeschränkte Dispositionsfähigkeit für die FK in Bezug auf Einsatzarten und -orte der jeweiligen Mitarbeitenden
    Kulturelle Grenzen
    • Evtl. Irritationen aufgrund differenzierter kultureller Gewohnheiten in den jeweiligen Aufenthaltsländern (z.B. längere Mittagspausen)
    Arbeitsrechtliche Grenzen
    • Arbeitszeit- und Arbeitsschutz nach deutschem Recht, allerdings sind auch die lokalen Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetze einzu- halten. In manchen Ländern gelten längere Ruhezeiten (z.B. Spanien 12 h)
    • Die Dokumentation der täglichen Arbeitszeit muss ggf. an den Arbeitnehmer delegiert werden
    • Arbeitsschutz und Fürsorgepflicht (das kann bedeuten, dass er in Ländern mit besonderen Risiken für Sicherheit und Gesundheit besondere Vorkehrungen treffen muss, beispielsweise durch Sicherheitsschulungen, Bereitstellung von Sicherheitsausrüstung oder speziellen Versicherungen.) Notwendig wäre dann eine remote-Schulung oder Zusendung von entsprechenden Ausstattungsgegenständen
    Steuerrechtliche Grenzen
    • Eingeschränkte Vertragsabschlussvollmacht / Prokura
    • Gefahr der Gründung einer Betriebsstätte
    • Veränderte Einkommenssteuerpflichten durch Unterschreiten der geforderten 183 Tage im Inland
    Sozialversicherungsrechtliche Grenzen
    • Die Ausstellung einer A1-Bescheinigung, um einen Wechsel der Sozialversicherungssysteme zu vermeiden, wird nicht möglich sein. Also müsste ein Wechsel in ein anderes Sozialversicherungssystem erfolgen: “Arbeitet eine Person also ausschließlich von zu Hause aus für einen in einem anderen EU-Mitgliedstaat/EWR-Staat oder der Schweiz ansässigen Arbeitgeber, unterfällt sie dem System der sozialen Sicherheit ihres Wohnstaates, der gleichzeitig Beschäftigungsstaat im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 883/2004 ist.“ 1
    • Sozialversicherungsbeiträge:
      • Mitarbeitende müssten Sozialversicherungsbeiträge gemäß den Gesetzen des neuen Staates entrichten. Dies kann Auswirkungen auf die Höhe der Abzüge und die Art der Leistungen haben, die Sie erhalten (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung usw.).
      • Ansprüche und Leistungen: Ihre Ansprüche auf soziale Leistungen wie Rente, Krankenversorgung, etc., könnten sich ändern, da diese Leistungen in der Regel an die Beitragszahlungen im jeweiligen Land gebunden sind.
      • Formalitäten: Arbeitnehmende müssen sich um die Anmeldung und alle weiteren Formalitäten im neuen Land kümmern, es sei denn, dies wird durch den Arbeitgeber organisiert.
      • Arbeitgeberbeiträge: Der in Deutschland ansässige Arbeitgeber müsste die sozialversicherungsrechtlichen Abgaben im neuen Tätigkeitsstaat abführen.
      • Bilanzielle Auswirkungen: Abhängig von den Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern im neuen Land, könnten sich für den Arbeitgeber die Personalkosten ändern.
    Tarifvertragliche Grenzen
    • Keine bekannt
    Gesundheitliche Grenzen
    • Keine bekannt
    Sonstige Grenzen / Hürden
    • Exportkontrolle (Embargo, Geheimschutz)
    • DS GVO
    • Geltungsbereich (Inland (100% remote)), Europäischer Wirtschaftsraum, Außerhalb EWR Inland (100% remote)
    • Meldepflicht

    Zu welchen anderen Erprobungsfeldern besteht ein enger Bezug?

    • Enger Konnex mit allen Formen der räumlichen Flexibilisierung, da auch 100% remote im Inland mögliche Effekte haben wird, allerdings mit dem Fokus auf das Ausland explizit auch administrative Auswirkungen
    Zuordnung im Experimentierraum

    Ortsflexible und attraktive Arbeitsmöglichkeiten (OaA)

    Offene Fragen

    • Woher stammen die 30 Tage, die es wohl problemlos möglich machen?
    • Wie weit lässt sich das dehnen? Wie groß ist der Graubereich (bis 182 Tage?)? Und was passiert eigentlich wirklich, wenn man das ganze Jahr über weg wäre? Ist das einfach nur ein grenzenloser Aufwand oder gibt es faktische Unmöglichkeiten?
    • Unterscheidung individuelles, unternehmerisches / organisationales Risiko.

    Weiterführende Informationen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz finden Sie auf den Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter dem Thema „Arbeitsgestaltung“: www.baua.de

    Vollständigen Ergebnisbericht herunterladen

    pdf2,23MB

    Footnotes

    1. Quelle: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Internationales/info-home-office-grenzgaenger.pdf?__blob=publicationFile&v=11