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    Glossar

    Ausdehnung täglicher Arbeitszeit

    • Illustration

      Vincent Brod

    In der Regel wird es um eine fallweise, von Mitarbeitenden initiierte Ausdehnung gehen, um der Realität des gegebenen Arbeits- und privaten Kontextes zu entsprechen, die „offiziell“ aufgeschrieben werden kann mit dem Ziel einer langfristigen Legitimierung von außergewöhnlichen Fällen für Wissenschaftsarbeit.

    Erkenntnisinteressen

    • Auswirkungen auf die Ruhe- und Erholungszeit.

    • Mögliche langfristige gesundheitliche Mehrbelastungen, erhöhte Unfallgefahr sowie messbare Entgrenzungseffekte.

    • Realisierungschancen für einen individuellen Ausgleich an anderen Tagen.

    • Bedarf an Sensibilisierungsmaßnahmen für Beschäftigte und Führungskräfte, um gesundheitlicher Beeinträchtigungen zu vermeiden.

    • Dokumentierte forschungsbedingte Ausnahmeregelungen, z.B. Antrags- und Projektabschlussphase, Abschluss von Dissertationen, termingebundene Projektarbeit, Publikationsfristen, Forschungsbereiche mit Arbeiten an Mensch und Tier.

    • Nutzung und Angemessenheit von Ausgleichszeiträumen

    Welche Grenzen sind bisher bekannt?

    Technische Grenzen
    • Erfassungsmöglichkeiten für Ausnahme-Situation
    • Auswertung von Ausgleichszeiträumen
    Prozessuale Grenzen
    • „Geschönte“ Zeitaufschriebe im Sinne von Eigenverantwortung selbstbestimmter Mitarbeitender
    • Vermeidung von mitunter erheblichen Rückstellungen für den Arbeitgeber
    Führungs- und teambezogene Grenzen
    • Bedenken der Führungskräfte in Bezug auf persönliche Verantwortung und Fürsorgepflicht
    • Gegenseitige Negativspirale im Team (wenn die anderen das machen, muss ich das auch)
    Kulturelle Grenzen
    • Bisher häufig geduldete Illegalität in der Praxis und „Sogwirkungen“ des Verhaltens wesentlicher Kolleg*innen oder Führungskräfte, die das eigene Verhalten beeinflussen.
    • Unausgesprochene Erwartungen an Erreichbarkeiten oder „Sonderschichten“, die als “selbstverständlich” erwartet werden.
    Arbeitsrechtliche Grenzen
    • Arbeitszeitgesetz § 3 ArbZG: Die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmenden darf acht Stunden nicht überschreiten. Ausdehnung auf bis zu zehn Stunden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschrit- ten werden.
    • Ausnahmen (> 10h) existieren bei außergewöhnlichen Fällen (§ 14 ArbZG):
      • unabhängig vom Willen der Betroffenen und nicht auf andere Weise zu beseitigen
      • wenn Rohstoffe/Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen
      • vorübergehend und nur für eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern
      • bei Forschung und Lehre
      • bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten
      • sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen / zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen
      • Wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten/24 Wochen max. 48 Stunden Wochenarbeitszeit im Durchschnitt
      • Ermittlung der Faktoren, die zu einer besonderen Ermüdung führen können oder diese verhindern. Dazu gehören die Art, Schwierigkeit, Dauer, die Häufigkeit von Pausen sowie der Ausgangszustand der Mitarbeitenden.
    Steuerrechtliche Grenzen
    • Keine bekannt
    Sozialversicherungsrechtliche Grenzen
    • Keine bekannt
    Tarifvertragliche Grenzen
    • Keine bekannt
    Gesundheitliche Grenzen
    • „Je länger die Arbeitszeiten über die tariflichen oder gar gesetzlichen Regel- bzw. Höchstarbeitszeiten hinausgehen, desto höher die Belastungen und desto größer die Risiken gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Dieser Zusammenhang ist arbeitsmedizinisch vielfach nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der täglichen Arbeitsdauer und notwendiger Ruhezeiten“ 1
    • Es gibt Hinweise, dass bereits nach einer 12-Stunden-Schicht eine Erholungsphase von 12 Stunden nicht ausreicht, sodass Ermüdung in den nächsten Tag “mitgenommen” wird.

    Zu welchen anderen Erprobungsfeldern besteht ein enger Bezug?

    1. Erprobungsfeld: Flexibilisierung Ruhezeit + Ruhepausen
    2. Erprobungsfeld: Vertrauensarbeitszeit mit Zeiterfassung
    Zuordnung im Experimentierraum

    New Horizons — Zeitsouveränität und -flexibilität (ZuF)

    Welche Lösungsansätze gibt es?

    Mögliche Begründung zur Ausdehnung der täglichen Arbeitszeit (> 10h) bei außergewöhnlichen Fällen (§ 14 ArbZG) durch wissenschaftlich begründete Argumente:

    • unabhängig vom Willen der Betroffenen und nicht auf andere Weise zu beseitigen → äußere Anforderungen
    • wenn Rohstoffe/Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen → Abschluss Doktorarbeit, Projektgeschäft mit Terminvorgabe, Zeitpunkt der Veröffentlichung (Erstveröffentlichung peer reviewed)
    • vorübergehend und nur für eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmenden → alle am Institut aber NIE zur gleichen Zeit, phasenverschoben
    • bei Forschung und Lehre
    • bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten → Antrags- und Projektabschlussphase, Spitzenzeiten
    • sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen / zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen → für einzelne Forschungsgebiete zutreffend

    Handlungsspielraum Ausgleichzeitraum:

    Wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten/24 Wochen max. 48 Stunden Wochenarbeitszeit im Durchschnitt. Beispiel:

    1. An 5 Werktagen 12 h pro Tag (=60h Wochenarbeitszeit) für 4,8 Monate möglich, danach 0 Stunden. Im Umkehrschluss wären das dann 1,2 Monate frei → siehe Unterjährige Sabbaticals
    2. An 7 Tagen 12 h pro Tag (=84h Wochenarbeitszeit) für 3,4 Monate möglich, danach 0 Stunden

    Offene Fragen

    Ist die Begründung zulässig? Mit wem abzustimmen?

    • Bedarf es einer zusätzlichen Regelung für Samstags- und/oder Sonntagsarbeit?
    • Welche Auswirkungen haben die Beispiele auf die Ruhezeit? Betroffen? 12h Arbeit + 1 h Pausenzeit + 11 Stunden Ruhezeit = 24 h könnte passen?
    • Bedarf der Institute innerhalb des Rahmens gedeckt (oder >12 h? Länge? Ausgleichzeitraum)?

    Weiterführende Informationen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz finden Sie auf den Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter dem Thema „Arbeitsgestaltung“: www.baua.de

    Vollständigen Ergebnisbericht herunterladen

    pdf2,23MB

    Footnotes

    1. Initiative Neue Qualität der Arbeit: Leitfaden Flexible Arbeitszeitmodelle gestalten. inqa.de, S.19